Famulaturbericht 2017-2

Schon seit längerer Zeit hatten wir den Wunsch, während des Zahnmedizinstudiums für einige Zeit ins
Ausland zu gehen und stießen durch Erzählungen von Kommilitonen schließlich auf den gemeinnützigen
Verein Jino e.V. in Münster.
Nach kurzem Kennenlernen, Bewerbung und Teilnahme am Afrika-Wochenende begannen wir ca. ein Jahr
vor Abreise die Planung unserer Famulatur. Eine große Hilfe waren uns dabei auch die beiden
Famulantinnen vom Vorjahr, die uns in allen Punkten mit Rat und Tat zur Seite standen!
Zur Vorbereitung gehörte unter anderem die genaue Planung der Reiseroute, das Buchen der Flüge,
Organisation eines Volunteer-Visums bei der Botschaft, Organisation von Dentalspenden für die Behandlung
und Abklären eines guten Versicherungs- und Impfschutzes. Wir ließen uns auf Empfehlung gegen Typhus,
Tollwut, Gelbfieber und Meningokokken impfen. Außerdem entschieden wir uns für Malarone als MalariaProphylaxe, wovon man täglich eine Tablette nehmen musste und welches wir gut vertrugen.
Bereits im Vorfeld konnten wir über WhatsApp Kontakt mit den Leuten vor Ort aufnehmen und zum Beispiel
Fotos schicken, damit man uns auch erkennen würde :)
Anfang August ging es dann endlich los! Mit viel Vorfreude und Aufregung im Gepäck fuhren wir von Münster
mit dem Zug nach Frankfurt und flogen von dort mit Emirates über Dubai nach Dar Es Salaam. Am Flughafen
wurden wir direkt von der Benediktinerschwester Hifadhi abgeholt, welche sich nicht nur in den nächsten
zwei Wochen, sondern auch danach aus der Ferne, wundervoll um uns kümmern sollte.
Sie half uns auch direkt beim Abheben Tansanischer Schilling am Geldautomaten und beim Kauf einer SIMKarte für unsere Handys.
Vom Flughafen ging es zum St. Benedicts Health Center Kitunda. Hier findet sich neben einem kleinen
Krankenhaus inklusive Zahnstation das Schwesternhaus und ein von Jino erbautes Gästehäuschen, in dem
wir die nächste Zeit wohnen durften.
Die Schwestern in Kitunda waren unheimlich lieb und gastfreundlich, machten gerne Scherze mit uns und
hatten Freude daran, uns beim gemeinsamen Abendessen Stück für Stück das Wichtigste an Kiswahili
beizubringen.
Die Zahnstation bestand aus zwei kleinen Räumen, einem mit Behandlungsstuhl und einem als Empfang und
zur Anfertigung von Prothesen. Gearbeitet wurde Mo-Sa jeweils von ca. 8-14 Uhr, wobei je nach
Patientenaufkommen auch variiert wurde. Geleitet wird die Station von Schwester Hifadhi und ihren beiden
Assistenzen Rosie und Dorka. Der Behandlungsschwerpunkt lag eindeutig auf Extraktionen und der
Anfertigung von Prothesen, in seltenen Fällen konnten wir auch Kunststofffüllungen anfertigen. Ohnehin
durften wir von Anfang an selbstständig anästhesieren und Zähne ziehen. Schwester Hifadhi war aber immer
mit Rat und Tat zur Stelle, auch wenn unsere Brocken Kiswahili mal wieder nicht ausreichten, um mit den
Patienten zu kommunizieren. Leider kam es sehr häufig vor, dass Patienten sich der Kosten wegen für eine
Extraktion anstatt einer Füllung entschieden oder sogar nur einen Zahn ziehen ließen und für den nächsten
später wieder kamen, wenn sie genügend Geld beisammen hatten.
Highlight war für uns außerdem der Besuch einer englischen Primary School, wo wir unglaublich
aufgeweckten Kindern eine Schulstunde lang etwas über Zähne und Zahngesundheit erzählten, Das große
Interesse und die schlauen Fragen der Kinder waren herzerwärmend und der Nachmittag eine der vielen
tollen Erfahrungen, die wir aus Tansania mitnehmen durften!
Nach knapp zwei Wochen Kitunda ging es für uns dann auf die Reise zum Mikumi Nationalpark, wo wir einen
Nachmittag verbrachten, und dann weiter mit dem Bus in das auf knapp 2000m Höhe gelegene Njombe
reisten. Hier wurden wir wieder von den Schwestern unter der Leitung von Schwester Calmelita
aufgenommen und unglaublich fürsorglich versorgt und bekocht. Wir trafen auch zum ersten Mal unsere
beiden Jino-Mitfamulantinnen, die versetzt mit uns die unterschiedlichen Stationen besuchten und in
Njombe auch eine Woche zum Behandeln blieben. Wir verbrachten dort lediglich zwei Nächte, bevor es
erneut mit dem Bus gen Süden nach Peramiho ging.
Nach einer langen und strapaziösen Busfahrt, die uns den Luxus deutscher Transportmittel erst richtig
schätzen lehrte, erreichten wir Peramiho, wo wir ebenfalls zwei Wochen im St. Joseph’s Mission Hospital
arbeiten wollten. Das Krankenhaus gehört zu einem der größeren und besseren Tansanias und auch die
Zahnstation war deutlich besser ausgestattet. Es konnten Wurzelkanalbehandlungen durchgeführt, Röntgenaufnahmen gemacht, Kronen und Brücken angefertigt werden, sogar aus Keramik, und auch
chirurgische Fälle wie Abszess-, Tumor- oder Frakturpatienten versorgt werden.
Wir arbeiteten zusammen mit zwei Zahnärzten und einem Dental Assistant. Alle ließen uns sehr viel
behandeln und erklärten bereitwillig, waren gleichzeitig aber auch sehr interessiert an deutschen
Behandlungsmethoden und Materialien. Bei alledem herrschte eine gute Atmosphäre und es wurde viel
gescherzt, zum Beispiel auch beim gemeinsamen Besuch eines Erdbeerfeldes nach der Arbeit.
Behandelt wurde grundsätzlich Mo-Fr von 8-15:30 Uhr an insgesamt 4 Behandlungsstühlen. Für mache
Eingriffe wurde auch das Septic Theatre des Krankenhauses verwendet.
Besonders eindrücklich war für uns aber auch hier die schlechte finanzielle Situation der meisten Patienten,
der fehlende Versicherungsschutz sowie das geringe Bewusstsein für Mundgesundheit. So sahen wir unter
anderem, wie ein siebenjähriges Mädchen nur knapp die Entwicklung eines großen Unterkieferabszesses
überlebte, nachdem sie über ein Jahr lang Zahnschmerzen gehabt, die Eltern aber kein Geld für die Extraktion
gehabt hatten.
Gleichzeitig beeindruckte uns die große Dankbarkeit und Geduld der tansanischen Patienten, selbst wenn
die Behandlung schmerzhaft gewesen war oder man über eine Stunde auf die Rückkehr der Elektrizität hatte
warten müssen. Pole pole - langsam langsam und asante bwana - danke Gott, sind wichtige Grundprinzipien
in Tansania, die wir mit der Zeit zu verstehen lernten.
Untergebracht waren wir in einem Gästehaus in der Nähe des Krankenhauses, in dem zur gleichen Zeit zwei
nette humanmedizinische Famulantinnen wohnten, mit denen wir uns über die Erlebnisse des Tages
austauschen konnten. So erfuhren wir zum Beispiel, dass ein großes Problem die häufigen Verbrennungen
bei Kindern durch das Kochen über offenem Feuer darstellen, sowie die immer noch sehr verbreitetenHeiler,
welche die Brandwunden mit Ziegendung und Kaninchenhaaren bedeckten und somit letztlich zum Tod der
betreffenden Patienten führten.
Während unserer Zeit in Peramiho machten wir auch einen Wochenendausflug nach Mbamba Bay am Njassa
See, wo wir 2 1/2 Tage einfach entspannten, wanderten und die Sonne genossen.
Nach dem Abschied von Peramiho reisten wir mit dem Bus 11 Stunden nach Mbeya, wo wir am nächsten Tag
mit dem Flugzeug über Dar Es Salaam nach Arusha reisten, um den touristischen Teil unserer Reise zu
beginnen.
Drei Tage lang wohnten wir in einem Safari-Camp und fuhren mit dem Jeep in die Nataionalparks Lake
Manyara, Ngoro Ngoro und Tarangire. Was wir hier an Tieren und Landschaften zu sehen bekamen, hat
unsere Reise ebenfalls sehr bereichert. Löwen, Geparden, Elefanten, Giraffen, Zebras und so vieles mehr!
Nach den aufregenden aber auch anstrengenden Safari-Tagen flogen wir von Arusha nach Zanzibar, wo wir
zunächst zwei Tage in Stone Town verbrachten. Diese deutlich muslimisch und arabisch geprägtere Stadt
gefiel uns ausgesprochen gut, außerdem der wundervolle Schnorchel-Tagesausflug nach Chumbe Island
oder das Erkunden der Gewürzplantagen bei einer Spice Tour.
Zwei weitere Tage verbrachten wir in Kizimkazi, welches paradiesisch türkisblaues Wasser, weiße Strände
und atemberaubende Sonnenuntergänge zu bieten hatte. Außerdem machten wir hier die einmalige
Erfahrung, mit Delfinen zu schwimmen und auf einer Sandbank zu grillen, die danach wieder von der Flut
verschluckt wurde. Zwei weitere Tage entspannten wir noch in Dongwe im Osten Zanzibars, bevor es nach
einer letzten Nacht in Kitunda über Dubai und Frankfurt wieder zurück nach Deutschland ging.
Unsere Zeit in Tansania war unglaublich bereichernd in vielerlei Hinsicht und was wir an tollen Erfahrungen,
Begegnungen, Eindrücken und Erinnerungen mitnehmen, ist unbeschreiblich. Die große Armut in breiten
Teilen der Bevölkerung, die kulturell bedingt anderen Blickwinkel, die Lebenseinstellung der Menschen - all
diese Punkte haben auch unsere Sicht auf Deutschland verändert. Viele Dinge, die uns vorher
selbstverständlich erschienen, sind es plötzlich nicht mehr.
Wir haben Respekt und viel Faszination für dieses Land mit seinen abwechslungsreichen Landschaften und
gastfreundlichen Menschen entwickelt und sind uns sicher, dass wir auf jeden Fall zurück kommen möchten.
Wir können nur sagen: „Asante Tanzania“ und „Kwa heri!

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