Asante sana (vielen Dank) - dies waren unsere letzten Worte zu unseren tansanischen
Freunden bevor wir wieder ins Flugzeug zurück nach Deutschland stiegen und die
spannendsten 9 Wochen unseres Lebens hinter uns ließen. Wir, Carolien und Delia, sind
Zahnmedizin-Studentinnen aus Münster und kommen nun ins neunte Semester.
Vor einem Jahr haben wir uns dazu entschieden eine Auslandsfamulatur in Tansania
anzutreten. Auf der Internetseite des zahnmedizinischen Austauschdienstes (ZAD) wurden
wir auf den Verein JINO aufmerksam, der praktischer Weise seinen Sitz in Münster hat.
Nach einem Afrika-Workshop im Oktober 2016 und einigen Vortreffen fühlten wir uns gut
vorbereitet. Mit einem Volunteer-Visum im Gepäck starteten wir unsere Reise am ersten
August 2017.
Unsere erste Station lautete Dar es Salaam, wo wir von den Benediktiner-Nonnen des
Kitunda Health Centres herzlich empfangen wurden. Vorerst blieben wir hier nur zwei
Tage, an denen wir einen kurzen Eindruck von der Dental Clinic erhaschen konnten.
Mit Zwischenstopps im Mikumi-Nationalpark und Njombe erreichten wir anschließend den
kleinen Ort Peramiho, wo wir die nächsten drei Wochen verbrachten. In ganz Tansania ist
Peramiho für sein Krankenhaus, dem St. Joseph’s Mission Hospital, mit seiner
verhältnismäßig modernen Dental Clinic bekannt. Die Patienten reisen teilweise bis zu zwei
Tage, um dort behandelt zu werden. Das Aushängeschild sind die Metallarbeiten (z.B.
Brücken), da es in ganz Tansania keinen weiteren Ort gibt, an dem diese hergestellt
werden. Wir lernten dort nicht nur das Extrahieren von Zähnen, sondern durften auch
eigenständig Füllungen legen und endodontische Behandlungen durchführen. Die
Patienten entschieden sich jedoch häufig für Extraktionen oder temporäre Füllungen, da
ihnen das Geld für permanente Komposit-Füllungen bzw. Wurzelkanalbehandlungen fehlt.
Gelegentlich führten wir auch Parodontitis-Behandlungen durch. Da der Beruf des
Zahnarztes in Tansania außerdem viele chirurgische Aspekte umfasst, assistierten wir oft
bei Abszess-Spülungen und Schienungen von Kieferfrakturen. Traurigerweise hat die
dortige Mundhygiene einen viel zu geringen Stellenwert, sodass die Patienten erst bei
Schmerzen die Zahnklinik aufsuchen. In den meisten Fällen ist dies oft zu spät für
konservierende Maßnahmen. In den gesamten drei Wochen, die wir in Peramiho verbracht
haben, hatten wir nur eine Patientin, die ausschließlich zur Kontrolle kam. Für Dr. Edson -
einer der drei Zahnärzte - war dies der erste Fall seit ca. einem Jahr. Während unseres
Aufenthaltes haben wir sehr viel behandelt und noch mehr gelernt. Unsere Arbeit begann
morgens um acht Uhr und endete um halb vier. Untergekommen sind wir in einem
naheliegendem Benediktiner-Gästehaus, in dem wir kulinarisch gut versorgt wurden. Die
freien Nachmittage konnten wir nach unserem Belieben gestalten. Ein Wochenende reisten
wir zum wunderschönen Njassa-See, an dem wir unsere Seele baumeln ließen und die
ersten Eindrücke verarbeiteten. Überrascht waren wir mal wieder von der
Gastfreundlichkeit der Menschen. Bei allen drei Zahnärzten und dem Chef des
Krankenhauses wurden ihr für einen Besuch nach Hause eingeladen, sodass wir eine
Freundschaft entwickeln konnten und zum Schluss schweren Herzens Abschied nahmen.
Unsere nächste Station hieß Njombe. Dies ist die kälteste Ortschaft in Tansania. Obwohl
es tagsüber in der Sonne sehr gemütlich war, konnten die Temperaturen nachts auch
unter zehn Grad fallen. Untergebracht waren wir in einem etwas in die Jahre gekommenen
Hotel in der Nähe der kleinen Dental Clinic. Diese von Nonnen geführte Zahnstation
umfasst vier Behandlungseinheiten, wobei drei davon nur für Extraktionen benutzt
werden, da sie keinen Stromanschluss haben. Die Standardtherapie lautet Zähne ziehen
und regelmäßig werden einfache Zahnprothesen im angrenzenden Labor von einer Nonne
angefertigt. Zwar sind die Materialien für Füllungen vorhanden, dennoch lässt das KnowHow dafür zu Wünschen übrig. Während unseres einwöchigen Aufenthaltes haben wir
einige Füllungen gelegt und hoffen, dass die Behandler davon in der Zukunft profitieren
können. Abgesehen von Montagen ist es in der Klinik sehr ruhig und es kommen nur relativ
wenige Patienten. Somit hatten wir am Mittwoch Zeit, dem Ort Immiliwaha einen Besuch
abzustatten. Das kirchlich geführte Krankenhaus dort enthält ebenfalls eine kleine
Zahnstation, in der einfache Behandlungen durchgeführt werden. Auf unserem Rückweg
hielten wir noch an einem Waisenhaus. Für die Kinder hatten wir Zahnbürsten und
Zahnpasta als Spenden dabei. Außerdem haben sie sich sehr darüber gefreut, dass wir
kleine Spielzeuge und Luftballons mitgebracht und mit ihnen gespielt haben. Dieser
Besuch war für uns sehr prägend. Wir waren froh, den Kindern eine Freude machen zu
können, jedoch haben uns die miserablen Verhältnisse und die fehlende Hygiene sehr
bedrückt. Unsere Malzeiten haben wir immer zusammen mit den Nonnen eingenommen,
die uns mit fast unmenschlichen Massen an Köstlichkeiten verwöhnt haben. Die
Fröhlichkeit und Ausgelassenheit der humorvollen Nonnen haben wir sehr genossen. Die
Woche in Njombe ging somit viel zu schnell vorbei.
Nach vorerst vier Wochen Arbeiten freuten wir uns auf drei Wochen Urlaub. Dieser startete
ziemlich holperig, da unser Inlandsflug von Mbeya zum Kilimanjaro gestrichen wurde.
Somit mussten wir auf eine 20-stündige nächtliche Busfahrt nach Dar es Salaam und einen
Anschlussflug zum Kilimanjaro Airport ausweichen. Hier wurde uns klar, dass man in Afrika
immer einen Zeitpuffer einplanen sollte. Mit einem Tag Verspätung starteten wir unseren
Kilimanjaro-Aufstieg. Die Erinnerungen an den Gipfel versetzen uns heute noch ins
Schwärmen. Im Anschluss folgte eine dreitägige Safari. Wir besuchten die Nationalparks
Lake Manyara, Ngorongoro-Krater und Tarangire. Erholung fanden wir schließlich auf der
paradiesischen Insel Sansibar.
Unsere letzte Woche in Tansania verbrachten wir wieder mit Arbeit in Dar es Salaam im
Kitunda Health Centre. Zwei Nonnen empfingen uns mit der gewohnten Herzlichkeit am
Fährhafen. Die Zahnstation im kleinen Krankenhaus besteht aus nur einem
Behandlungsstuhl. Auch hier wird fast ausschließlich extrahiert, obwohl ebenfalls Material
für Füllungen vorhanden wäre. Das Trockenlegen für Füllungen gestaltete sich jedoch sehr
schwierig, da u.a. die Absauganlage nicht richtig funktioniert. In Kitunda verbrachten wir
auch einige Zeit im Labor und halfen bei der Herstellung von Teilprothesen. Einen Mittag
hielten wir vor den Schülern eines Internats einen Vortrag über Mundhygiene,
Zahngesundheit und Zahnpflege. Die wissbegierigen Kinder zeigten uns großes Interesse
und durchlöcherten uns mit Fragen. Wir freuten uns außerdem, an dem 60. Geburtstag
der Nonnen, Schwester Hifadhi, teilhaben zu dürfen.
Heute schreiben wir den zweiten Oktober 2017 und wir sitzen nach einem eintägigen
Aufenthalt in Kairo wieder im Flugzeug nach Deutschland. Wir können es kaum fassen,
wie schnell die neun Wochen in Afrika umgegangen sind. Die unzähligen Erlebnisse und
Erfahrungen, sowohl auf zahnmedizinischer als auch auf menschlicher Ebene, sind definitiv
unbezahlbar. Auch die Vielseitigkeit des Landes hat uns fasziniert. Uns wurde bewusst,
dass man mit einer gelasseneren Einstellung viele Dinge stressfreier bewältigen kann. Wir
glauben, dass wir für uns ein gutes Mittelmaß an ‚pole pole‘ (langsam) und ‚hakuna matata‘
(keine Probleme) gefunden haben, das wir mit nach Hause nehmen werden. Unser
Aufenthalt hat uns deutlich gemacht, dass wir es in Deutschland verdammt gut haben,
was man so manches Mal zu schätzen vergisst. Afrika wird immer einen Platz in unseren
Herzen einnehmen und wir freuen uns schon jetzt darauf, irgendwann nach Tansania
zurückzukehren