Erst vor wenigen Tagen haben wir – Carolin und Annika – Tansania „Kwa Heri!“ gesagt und
sind mit unseren staubigen Backpacks voller Wäsche, den Speicherkarten voller Fotos und
den Köpfen voller prägender und schönen Erfahrungen wieder in Deutschland gelandet. Ein
guter Zeitpunkt, um die noch frischen Erinnerungen nun zu Papier zu bringen.
Nach rund einem Jahr Vorbereitung sind wir Ende August für sechs Wochen nach Tansania
geflogen. Unterstützt wurden wir dabei durch Jino.eV, einem Münsteraner Verein, auf den
wir durch Internet-Recherchen aufmerksam wurden. Bereits seit einigen Semestern dachten
wir über eine Famulatur im Ausland nach und freuten uns umso mehr, als es nach einem
kurzen Bewerbungsverfahren hieß: "Ihr fliegt nächstes Jahr nach Tansania!" Zum Zeitpunkt
unseres Abfluges stand bereits ein grober Zeitplan für unsere Zeit in Tansania fest und per
Mail bzw. Whats App hatten wir schon Kontakt mir den verantwortlichen Personen an den
Stationen aufgenommen.
Die ersten Wochen verbrachten wir, nach einem herzlichen Empfang am Flughafen, in dem
St. Benedict Health Center in Kitunda in der Nähe von Dar es Salaam. Untergebracht wurden
wir im Jino-Haus, direkt neben dem Haus der Schwestern, das vor zwei Jahren gebaut wurde.
In dem kleinen Häuschen fühlten wir uns sehr wohl, nicht zuletzt durch die Verpflegung und
das Umsorgen durch die Schwestern, die uns stets leckeres Essen oder einen Teller voll
Mandazi (Gebäck) und eine Tasse Tee bereit stellten. Gastfreundschaft wird in Tansania
wirklich großgeschrieben.
Die Zahnstation in Kitunda gehört zu einem kleinen Krankenhauskomplex und besteht im
Wesentlichen aus einem Vorzimmer (inkl. Zahnlabor) und einem Behandlungsraum mit
einem Behandlungsstuhl. Die Benediktinerschwester Hifadhi leitet die Zahnstation und
behandelt dort mit ihrer Assistenz Rosie montags bis samstags etwa von 9 bis 16 Uhr
Patienten aus Kitunda und Umgebung. Der Fokus der Behandlungen liegt auf Extraktionen
und im Labor werden einfache Prothesen gefertigt. Nach kurzer Einarbeitung konnten wir in
Kitunda selbstständig behandeln. Die meisten Patienten sprachen leider kein Englisch,
sodass sich mit ein paar Brocken Kiswahili, sowie mit Händen und Füßen verständigt wurde
und Sr Hifadhi uns als Übersetzerin unterstützte. Auch bei schwierigeren Extraktionsfällen
konnten wir stets auf die Hilfe der Schwester zählen. Während unserer Zeit in Kitunda
besuchten wir eine Primary und eine Secondary School, um den Schülern an Hand von
Modellen und Zeichnungen die Entstehung von Karies und die Bedeutung von Zähneputzen
zu vermitteln. Der Kontakt mit den Schülern war ein tolles Erlebnis – gerade im Anschluss an
unseren Vortrag konnte man an Hand ihrer Fragen merken, wie interessiert die Kinder waren
und gleichzeitig spürte man, wie viel Einsatz im Bereich der Prophylaxe und Aufklärung zu
oraler Hygiene noch nötig ist. Insbesondere da Fanta, Sprite und Co. sich großer Beliebtheit
erfreuen und auch Tees und Speisen gerne stark gesüßt werden, ist Karies bei im
Durchschnitt sehr schlechten Mundhygiene landesweit ein riesengroßes Problem. Nach zwei Wochen in Kitunda fuhren wir über den Mikumi-Nationalpark weiter nach
Njombe, wo wir für zwei Tage Rast machten und die dortige Dental-Station unter der Leitung
von Sr. Calmelitha besuchten. Auch dort wurden wir herzlich empfangen und während der
zwei Tage durch Sr. Helenes Kochkünste kulinarisch verwöhnt. Im Anschluss ging es per Bus
weiter nach Peramiho. Um sicher zu gehen, dass wir gut in Peramiho ankommen, hat Sr.
Calmelitha uns sogar während der 5-stündigen Busfahrt begleitet.
In Peramiho am Hospital angekommen, wurden wir im angrenzenden Kloster untergebracht,
da das Gästehaus bereits ausgebucht war. Das Kloster wird von Schwester Goretti geleitet,
die vor über 50 Jahren von Deutschland nach Tansania gekommen war und bis vor ein paar
Jahren selbst in der Dentalstation behandelt hat. Wir konnten einige spannende Gespräche
über die vielen Jahre und die Arbeit in Tansania mit ihr führen.
Die Zahnstation ist direkt an das Missions-Hospital angegliedert und mittlerweile arbeiten
dort zwei studierte Zahnmediziner, Dr. Japhet und Dr. Sam, sowie der Dental Assistent
Joseph. Im Gegensatz zu Kitunda ist die Zahnstation in Peramiho deutlich besser
ausgestattet und bietet mit insgesamt drei Stühlen mehr Behandlungsmöglichkeiten (drei
weitere Stühle sind zudem bestellt, um zwei veraltete Stühle zu ersetzen und die Kapazität
weiter auszubauen). Die Zahnstation in Peramiho verfügt außerdem über eine Zulassung zur
Behandlung von krankenversicherten Patienten, sodass Patienten zum Teil Tagesreisen auf
sich nehmen, um sich konservierend und prothetisch versorgen zu lassen. Nichtsdestotrotz
bestehen die meisten Behandlungen in Extraktionen, da nur ein Bruchteil der Patienten über
eine Krankenversicherung verfügt oder gar in der Lage ist eine konservierende Behandlung
privat zu bezahlen. Auch in Peramiho konnten wir teils unter Anleitung, teil selbstständig
arbeiten. Neben Extraktionen gehörten hier auch Füllungen, Wurzelkanalbehandlungen und
Parodontitistherapien zu unserem Aufgabenfeld.
Darüber hinaus werden auch chirurgische Eingriffe in Peramiho vorgenommen: Wir konnten
unter anderem bei Abszessinzisionen und Frakturschienungen assistieren. Die hygienischen
Bedingungen in der Dental Station in Peramiho sind durchaus gut: Instrumente werden
sterilisiert und nur steril angefasst und für die Behandlung bereit gelegt. Für chirurgische
Eingriffe stehen stets steril verpackte Handschuhe zur Verfügung. Natürlich entsprechen
nicht alle Behandlungsschritte unmittelbar der deutschen universitären Lehrmeinung, doch
war schnell ersichtlich, dass die behandelnden Zahnärzte in Peramiho mit den ihnen zur
Verfügung stehenden Mitteln sehr gute Arbeit verrichten und stets an einem Ausbau der verfügbaren Techniken und Möglichkeiten arbeiten. Behandelt wurde in Peramiho Mo-Fr
von 8 – ca 16 Uhr. An den Abenden haben wir ab und an noch etwas mit den Zahnärzten der
Station unternommen. So haben wir ein Erdbeerfeld besucht oder im örtlichen Cafe noch auf
ein Bier zusammen gesessen.
Im Anschluss an unsere Zeit in Peramiho haben wir die letzten zwei Wochen unserer
Famulatur noch genutzt, um Tansania auch von der touristischen Seite her kennen zu lernen.
So haben wir eine 3-tägige Safari im Tarangire National Park, Ngorongoro Krater und Lake
Manyara National Park unternommen und waren auf Zanzibar (Kultur in Stone Town und
Entspannen am Strand in Pwani).
Unsere Zeit in Tansania wird uns definitiv in guter Erinnerung bleiben. Wir sind überall sehr
freundlich aufgenommen worden, und obwohl die Menschen in Tansania häufig nur wenig
haben, sind sie doch unendlich gastfreundlich. Tansania ist ein Land mit einer sehr
abwechslungsreichen Landschaft – von der tropischen und palmenreichen Küstenregion,
über das karibisch anmutende Inselparadies um Zanzibar, bis hin zum Hochland um Njombe
und den Steppenregionen um Arusha. Von Safari in den Nationalparks über Bergsteigen am
Kilimanjaro bis hin zu Schwimmen und Schnorcheln im glasklaren Wasser bietet Tansania
wahnsinnig viele touristischen Aktivitäten. Von der zahnmedizinischen Seite ist das
Behandlungsspektrum eindeutig abhängig vom Standort und den dort gegebenen
Möglichkeiten. Ganz grundsätzlich ist auf Grund der fehlenden finanziellen Möglichkeiten
vieler Patienten aber die Extraktion von Zähnen stets das Hauptbetätigungsfeld. Anästhesie
gab es an allen Standorten stets in ausreichender Menge. Gerade bei der ländlichen
Bevölkerung und den bildungsferneren Schichten ist das Verständnis für orale Hygiene und
Kariesprophylaxe leider kaum ausgeprägt – wir können daher allen zukünftigen Famulanten
nur ans Herz legen viele Zahnbürsten, Zahnpasta etc. mit zubringen und in den Schulen
Überzeugungsarbeit zu leisten.
Die Zeit in Tansania ist wie im Flug vergangen und nun sind wir seit wenigen Tagen zurück in
Deutschland. Mit im Gepäck ist sicherlich ein ganzer Koffer voller Erfahrungen und toller
Begegnungen, Respekt vor den Menschen in Tansania und ihrer Lebensfreude, ein bisschen
Demut und ein neuer Blick auf das, was man in Deutschland als selbstverständlich ansieht.
Asante sana Tansania. =